Texte zur Wallfahrt 2024 − Beten, Singen, Laufen
Impulse
Beten
Heute morgen habe ich schon viel gebetet. Viel mehr sonst bete. Ist das schlimm? Sollte ich öfter beten? Ich bin mir beim Beten auch schon mal albern vorgekommen. Als Kind habe ich zum Beispiel mal für eine Playstation gebetet. Danach habe ich mich geschämt. Hat mir das Beten gefehlt? Tut es mir heute gut? Erwartet Gott, dass ich ihm regelmäßig aus meinem Leben berichte, so wie mein Chef von mir erwartet über meine Arbeit informiert zu werden?
Egal was gestern war, heute pilgern wir gemeinsam zur Maria, der Trösterin der Betrübten. Sie lädt uns ein ihr unsere Sorgen anzuvertrauen. Sie hört zu, was uns bedrückt, und wovor wir uns fürchten. Sie ist nicht mein Chef. Sie ist Weggefährtin, Freundin, Gottesmutter. Sie hört meine Sorgen und spendet mir Trost. Egal, ob ich sonst viel oder wenig bete, heute ist ein guter Tag, zum Beten. Gemeinsam auf der Wallfahrt und im Stillen für mich selbst. Heute tut mir beten gut.
Singen
Wir haben heute schon viel gesungen. Ich selbst singe manchmal sehr laut. Das macht mir Spaß, auch wenn es dadurch nicht immer schöner klingt. Wenn ich den Ton spüre, dann fühle ich mich lebendig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich damit andere anstecken kann. Wenn ich laut singe, dann singen auch diejenigen lauter, die sonst leiser singen oder sich gar nicht trauen. Durch das gemeinsame Singen entsteht eine Verbindung. Auf den Text kommt es nicht an, es geht um die Melodie. Wenn es dir, wie mir manchmal schwer fällt deine Gefühle in Worte zu fassen, sing einfach laut mit. Du wirst verstanden – auch von Gott.
Laufen
Beten und Singen fallen mir nicht immer leicht. Worte bleiben mir manchmal im Hals stecken, ich kriege keinen Ton raus. Aber ich kann laufen. Meine Füße tun mir weh. Wir sind schon weit gelaufen. So viel laufe ich manchmal pro Woche nicht. Ach was, manchmal laufe ich so viel nicht im Monat… Aber noch laufe ich. Schmerzen und Anstrengung nehme ich in Kauf. Es fühlt sich gut an sich zu verausgaben. Vor allem, wenn nichts anderes mehr geht. Dann sind meine brennenden Waden und schmerzenden Knie meine Opfergabe, meine Fürbitte, mein Gebet. In meine Schritte lege ich all das, was ich nicht sagen kann. Heute laufe ich, denn ich werde gesehen – auch von Gott.
Komplet
Aus: „Café am Rande der Welt“ von John Strelecky
Als ich im Eiscafé in Kevelaer in die Karte guckte, stand dort auf der 1. Seite: Warum bist Du hier? Mein Blick schweifte durch das Café.
Ich blickte erneut auf die Karte. Zu meiner Überraschung lautete die Frage nicht länger:
WARUM BIST Du hier?
sondern
WARUM BIN ich hier?
Sobald ich das gelesen hatte, veränderten sich die Worte wieder zu „Warum bist Du hier?“
„Was ist passiert?“ rief ich zu der Kellnerin. „Hat sich die Karte gerade verändert? Wie haben Sie das gemacht?“
„Ich bin nicht sicher, ob Sie bereit für die Antwort sind“
„Wie meinen Sie das? Wie haben Sie das denn angestellt, wie haben Sie die Karte verändern können?“
Mittlerweile war ich angesichts dessen, was vor sich ging, völlig verwirrt und keineswegs sicher, dass ich bleiben und es herausfinden wollte. Doch die Kellnerin beanspruchte meine Aufmerksamkeit bereits mit einer neuen Frage.
„Haben Sie gesehen, wie sich der Wortlaut verändern hat?“
„Aber sicher! Als ich den Text zum ersten Mal las, stand dort eine bestimmte Frage, dann veränderte sie sich und jetzt steht da wieder die ursprüngliche Frage. Warum ist das so? Und wie konnte das geschehen?“
Die Kellnerin drehte die Karte um, so dass man die Vorderseite sehen konnte und deutete auf den Hinweis „Vor-der-Bestellung…“. Sie sagte: „Es ist eine Frage, die man sehr ernst nehmen sollte. Sie zu lesen ist eine Sache. Aber wenn Sie über das Lesen hinausgehen, wenn Sie sich wirklich wahrnehmen und sich diese Frage selbst stellen, dann verändert sich Ihre Welt. Morgen gehe ich wieder Eis essen.
Wie haben sich Deine Fragen während unserer Fußwallfahrt verändert?
Für wen möchtest Du jetzt beten?
Welches Lied stärkt Dich?
Welche Wege willst Du noch laufen?
Kreuzweg
Weg zum Kreuzweg
Auf dem Weg zum Kreuzweg singen wir:
Christi Mutter stand mit Schmerzen
Christi Mutter stand mit Schmerzen
bei dem Kreuz und weint von Herzen,
als ihr lieber Sohn da hing.
Durch die Seele voller Trauer,
schneidend unter Todesschauer
jetzt das Schwert des Leidens ging.
Welch ein Schmerz der Auserkorenen,
da sie sah den Eingebornen,
wie er mit dem Tode rang.
Angst und Jammer, Qual und Bangen,
alles Leid hielt sie umfangen,
das nur je ein Herz durchdrang.
Ach für seiner Brüder Schulden
sah sie Ihn die Marter dulden,
Geißeln, Dornen, Spott und Hohn,
sah ihn trostlos und verlassen,
an dem blutgen Kreuz erblassen,
ihren lieben einzgen Sohn.
Drücke deines Sohnes Wunden,
wie du selber sie empfunden,
heilge Mutter in mein Herz.
Dass ich weiß was ich verschuldet,
was dein Sohn für mich erduldet,
gib mir teil an deinem Schmerz.
Christus lass bei meinem Sterben
mich mit deiner Mutter erben
Sieg und Preis nach letztem Streit.
Wenn der Leib dann sinkt zur Erde,
gib mir, dass ich teilhaft werde,
deiner selgen Herrlichkeit.
Das Weizenkorn muß sterben
Das Weizenkorn muß sterben,
sonst bleibt es ja allein;
der eine lebt vom andern,
für sich kann keiner sein.
Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.
So gab der Herr sein Leben,
verschenkte sich wie Brot.
Wer dieses Brot genommen,
verkündet seinen Tod.
Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.
Wer dies Geheimnis feiert,
soll selber sein wie Brot;
so läßt er sich verzehren
von aller Menschennot.
Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.
Als Brot für viele Menschen
hat uns der Herr erwählt;
wir leben füreinander,
und nur die Liebe zählt.
Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.
Hilf, Herr meines Lebens
Hilf, Herr meines Lebens,
dass ich nicht vergebens,
dass ich nicht vergebens
hier auf Erden bin.
Hilf, Herr meiner Tage,
dass ich nicht zur Plage,
dass ich nicht zur Plage
meinem Nächsten bin.
Hilf, Herr meiner Stunden,
dass ich nicht gebunden,
dass ich nicht gebunden
an mich selber bin.
Hilf, Herr meiner Seele,
dass ich dort nicht fehle,
dass ich dort nicht fehle,
wo ich nötig bin.
Hilf, Herr meines Lebens,
dass ich nicht vergebens,
dass ich nicht vergebens
hier auf Erden bin.
Eröffnung
Als Fußpilgerinnen und Fußpilger wissen wir: Laufen ist manchmal auch einfach nur funktionieren. Am Ende eines langen Weges. Auf anstrengenden Wegen. Auf schwierigen Wegen. Irgendwie schaffen. Da geht nichts anderes. Kein Singen. Kein Beten. Nur Laufen. Manchmal reicht das.
Der Kreuzweg ist so ein Weg. Das Leiden. Die Schmerzen. Die Demütigungen. Mit Worten kaum zu beschreiben. Aber ablaufen geht. Station für Station. Seit Jahrhunderten versuchen Christinnen und Christen nachzuvollziehen, was Jesus auf sich genommen hat und beten.singen.laufen den Kreuzweg.
Erinnern wir uns an Jesu Weg. Zwischendurch ging nichts mehr. Er ist gefallen. Dreimal unter dem Kreuz zusammengebrochen. Aber er hat funktioniert. Hat es vollbracht. Für uns.
Anschließend singen wir Lied „Herzliebster Jesu“ auf dem Weg zur 2. Station.
Herzliebster Jesu
Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen,
dass man ein solch hart Urteil hat gesprochen?
Was ist die Schuld, in was für Missetaten
bist du geraten?
Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe!
Der gute Hirte leidet für die Schafe,
die Schuld bezahlt der Herre, der gerechte,
für seine Knechte.
Der Fromme stirbt, der recht und richtig wandelt,
der Böse lebt, der wider Gott mißhandelt;
der Mensch verwirkt den Tod und ist entgangen,
Christ wird gefangen.
O große Lieb, o Lieb ohn alle Maße,
die dich gebracht auf diese Marterstraße!
Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden,
und du musst leiden.
2. Station
Station Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Nach der Verurteilung nimmt Jesus das Kreuz auf seine Schultern und wird es danach bis nach Golgotha tragen, dem Ort seines Todes. Auf dem Weg dahin wird er leiden. Schmerzen ertragen. Fallen. Und aufstehen. Weitergehen. Das Kreuz tragend bis zum Ende. Er wünschte, der Kelch ginge an ihm vorüber. Und er hat ihn doch genommen. Er nimmt das Kreuz auf seine Schultern und trägt es.
Es drückt schwer auf seinen Schultern. Das Kreuz. Unsere Kreuze. Die er trägt.
Anschließend singen wir das Lied „Holz auf Jesu Schulter“ auf dem Weg zur 3. Station.
Holz auf Jesu Schulter
Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
Ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt
Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht.
Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht.
Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
Denn die Erde jagt uns auf den Abgrund zu.
Doch der Himmel fragt uns: Warum zweifelst du?
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
Hart auf deiner Schulter, lag das Kreuz, o Herr,
Ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.
3. Station
Jesus fällt zum ersten Mal unter der Last des schweren Holzkreuzes
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Das Leiden und das Böse in der Welt sind eine große Last. Hiobsbotschaften lassen uns Menschen stolpern und fallen.
Krisen sind allgegenwärtig: Kriege, Katastrophen, Hass, Armut. Das hat Folgen: Menschen entfernen sich immer weiter voneinander, das Leben wird teurer, Wohnraum wird knapp, die Zukunft wird ungewisser. Angst und Zweifel bestimmen das Handeln.
Warum lässt Gott das alles zu? Gott ist in Jesus Christus auf unsere Welt gekommen und machte sich eins mit dem Leid der Welt. Jesus wurde misshandelt und niedergedrückt. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt. Und er protestierte nicht.
„Selig sind, die Leid tragen; denn Gott wird sie trösten.“ (Matthäus 5,4)
Anschließend gehen wir schweigend zur 7. Station.
7. Station
Jesus fällt zum zweiten Mal unter der Last des schweren Holzkreuzes
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Stolpern und Fallen. Christen und Christinnen tragen Verantwortung und haben Erwartungen. Sie drohen unter der Last zusammenzubrechen.
Die Folgen der Kirchenkrise sind vielfältig: Kritik an der Kirchensteuer, Priestermangel, hohe Austrittszahlen, Missbrauchsskandale, Kirchenschließungen. Dazu kommen gesellschaftliche und technologische Umbrüche sowie eine fortschreitende Individualisierung.
Christinnen und Christen empfinden Widersprüche in ihrem Glauben und dem Handeln der Kirche. Die Differenzen führen vermehrt zu einer Identitätskrise. Die damit verbundenen, negativen Gefühle sind schwer zu ertragen. Der Kontakt zwischen Menschen und Kirche droht immer weiter abzureißen. Man wird sich fremd.
Anschließend gehen wir schweigend zur 9. Station.
9. Station
Jesus fällt zum dritten Mal unter der Last des schweren Holzkreuzes
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Da stolpert einer unter seiner Last und fällt. Auch wir Menschen fallen – brechen unter der Last zusammen.
In unserem Leben gibt es manchmal Situationen, die wir nur aushalten können, die kaum zu ertragen sind.
Der Tod eines geliebten Menschen, fehlende finanzielle Mittel, um die Familie zu ernähren, Karriereaus, Arbeitslosigkeit und Trennungen.
In unserem Leben werden uns immer wieder kleine und große Krisen begegnen. Eine Krise ist ein Wendepunkt in unserem Leben, die uns vor Herausforderungen stellt, die Veränderung bringt und manchmal einfach nur ausgehalten werden müssen.
Anschließend gehen wir schweigend zur 12. Station.
12. Station
Jesus stirbt am Kreuz
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Predigt von Pater Gereon.
Anschließend singen wir das Lied „Suchen und fragen“ auf dem Weg zur 15. Station.
Suchen und fragen
Suchen und fragen, hoffen und sehn,
miteinander glauben und sich verstehn,
lachen, sich öffnen, tanzen, befrein:
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
Klagende hören, Trauernde sehn,
aneinander glauben und sich verstehn,
auf unsre Armut lässt Gott sich ein:
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
Planen und bauen, Neuland begehn,
fuür einander glauben und sich verstehn,
leben fuür viele, Brot sein und Wein:
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
Und Gott spricht sein Ja, es stirbt unser Nein.
15. Station
Auferstehung
V: Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich.
A: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.
Die Stationen des Kreuzwegs laden dazu ein, über das Leiden und die Opferbereitschaft Jesu nachzudenken und uns daran zu erinnern, dass sein Tod am Kreuz uns Erlösung und Hoffnung schenkt.
Während unseres Lebens fallen wir immer wieder. Krisen werfen uns zurück. Und dennoch dürfen wir hoffen. Hoffen, dass alles gut wird.
Gott will, dass es uns gut geht. Wir sind durch Christus eingeladen, unsere Sorgen und Nöte auf Gott zu werfen. Unser Pilgerwochenende in diesem Jahr unter dem Motto beten.singen.laufen erinnert an diese Hoffnung, kann Zuversicht geben und uns stärken.
Für uns Pilgerinnen und Pilger kann Kevelaer eine Tankstelle sein, an der wir einmal im Jahr Kraft schöpfen, um nach dem Fallen wieder aufzustehen und zuversichtlicher und hoffnungsvoll weiterzugehen.
Abschließend singen wir das Lied „Von guten Mächten“.
Von guten Mächten
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.